Für viele berufstätige Eltern stellt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine der grössten Herausforderungen dar. In der Schweiz trifft diese Problematik besonders auf die Kinderbetreuung zu. Das Land ist gemäss einer Studie von UNICEF, eines der Länder mit den teuersten Kitaplätzen in Europa. Zudem gibt es ein begrenztes Angebot, es fehlen rund 7’000 Kitaplätze.
Laut der UNICFE Studie über die Kinderbetreuung in «high-income countries» zählen Länder wie Irland, Neuseeland und die Schweiz zu diejenigen mit den höchsten Kinderbetreuungskosten für die Mittelschicht. Ein Paar mit durchschnittlichem Einkommen, zahlt zwischen 30% bis 50% eines Gehalts, um die Betreuung von zwei Kindern zu finanzieren.
In der Schweiz benötigen 70% der 0-3 Jährigen zusätzliche Kinderbetreuung, wobei sie im Durchschnitt 21.1 Stunden pro Woche familienergänzend betreut werden. Interessanterweise übernehmen 40% dieser Betreuung die Grosseltern, während nur knapp über 30% der Kinderbetreuung für 0-3 Jährige in Kindertagesstätten stattfindet. Diese Zahlen verdeutlichen den Bedarf an mehr verfügbaren Kinderbetreuungseinrichtungen, um den Familien gerecht zu werden, und unterstreichen gleichzeitig die wichtige Rolle der Grosseltern für die familienergänzende Betreuung.
Wenn keine Grosseltern vor Ort sind, entsteht ein besonders hohes Bedürfnis für weitere Betreuungsoptionen. Kitas können bloss einen Teil des Bedarfs abdecken – in der Schweiz fehlen gegenwärtig etwa 7’000 Kitaplätze. Die Schaffung neuer Kitaplätze ist aufgrund hoher Betriebskosten und mangelnder Räumlichkeiten schwierig und lässt daher auf sich warten.
Dazu kommen die hohen jährlichen Betreuungskosten in den Kitas, welche sich nach Abzug von Subventionen durchschnittlich auf rund CHF 12’100 belaufen. Die Kosten werden oft als entscheidender Grund genannt, warum viele Eltern professionelle Kinderbetreuungsangebote nicht in Betracht ziehen.
Zahlreiche Eltern haben Schwierigkeiten, angemessene und bezahlbare Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder zu finden und unterbrechen daher ihre Arbeitstätigkeit. Stellvertretend dafür stehen die Erfahrung von Andreas (43) und Tanja (39) aus Thalwil. «Wir bekamen einen Platz, als das Kind anderthalb Jahre alt war (…) am Ende musste meine Frau mit drei Kindern aufhören zu arbeiten, damit es Sinn machte.»
Auch in puncto Elternzeit erhalten Eltern hierzulande nur begrenzte Unterstützung. Mütter in der Schweiz haben seit 2005 Anspruch auf 14 Wochen bezahlten Mutterschaftsurlaub. Seit 2021 haben Väter erstmals einen Anspruch auf 10 Tage Vaterschaftsurlaub. Die Schweiz rangiert in Bezug auf diese Kennzahlen am Ende des UNICEF-Ländervergleichs.
Eine bessere Unterstützung für berufstätige Eltern in der Schweiz kann langfristige Vorteile für die Gesellschaft bringen. Wenn Eltern sich weniger Sorgen um die Betreuung ihrer Kinder machen müssen, muss sich keines der Elternteile ungewollt aus dem Berufsleben ausscheiden. Aufgrund des kaum vorhandenen Vaterschaftsurlaubs in der Schweiz, sind es häufig die Mütter, welche sich für eine Zeit aus dem Berufsleben ausklingen müssen, damit die Kinderbetreuung garantiert ist. Durch die Berufspause kann eine Einkommenslücke in der Vorsorgenkassen entstehen und zu einer Nicht-Berücksichtigung für höhere Positionen führen. Mehr Betreuungsangebote für 0–3-Jährige führt somit nicht nur zur allgemeineren einfacheren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sondern auch zu ausgeglicheneren Geschlechterrollen im Berufsleben und zu mehr Frauen in Führungspositionen.
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